Foto: Rayk Weber
Apotheker Gert Fiedler und sein Team.
Wir haben mit Gert Fiedler, Pressesprecher für den Apothekerverband, über das leidige Thema Erkältung gesprochen, um etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
1. Welche Hausmittelchen helfen wirklich gegen die ersten Anzeichen einer Erkältung und was ist der Unterschied zu Medikamenten aus der Apotheke?
DAS Hausmittel gegen eine Erkältung gibt es nicht. Aber eine Reihe gut bewährter Mittel und Methoden, um einen beginnenden Infekt besser zu bewältigen. Dazu gehören selbstgemachte Hühnersuppe (wirklich!), Zwiebelsaft (Schleimlösung bei Husten), Nasenspülung mit einer Salzlösung, Kirschkernkissen bzw. Brustwickel (Wärme tut den Schleimhäuten gut), kühlende Umschläge (zur Fiebersenkung), Salbeitee (Halsschmerzen), Lindenblütentee (bei Fieber), Inhalation mit Kamillenblüten (bei Rachenbeschwerden) u.v.m. Der Unterschied zu Arzneimitteln besteht hauptsächlich darin, dass Hausmittel keine oder nur eine geringe pharmakologische Wirkung aufweisen bzw. deren Wirkung meist durch physikalische Prozesse (Wärmeaustausch) gekennzeichnet ist. Wichtig: insbesondere bei einer beginnenden Erkältung vermeintliche Selbstverständlichkeiten nicht vergessen, wie vitaminreiche Ernährung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Händewaschen, regelmäßige Lüftung der Wohn- und Schlafräume.
2. Was ist dran an: „Zieh dich warm an, du wirst sonst krank!“?
Diese „Weisheit“ stimmt nur teilweise. Ursache einer Erkältung ist nicht die Kälte sondern meist eine Virusinfektion – diese kann uns und unsere Kinder auch im Sommer „erwischen“. Allerdings ist das Risiko mit Erkältungsviren infiziert zu werden, in der kalten Jahreszeit erhöht: Wir halten uns dann häufig in beheizten Räumen auf, wo die Keimzahl in der trockenen Raumluft viel höher ist als draußen. Außerdem trocknen die Schleimhäute schneller aus und sind bei Kälte schlechter durchblutet. Dies führt dazu, dass Krankheitserreger leichter über die oberen Luftwege eindringen und Krankheitssymptome auslösen können. Zum andern wird durch die Kälte die Immunabwehr des Körpers etwas herabgesetzt, Krankheitserreger können dann nicht mehr so wirksam bekämpft werden. So kommt es im Winterhalbjahr häufiger zu Erkältungen als im Sommer.
3. Ab wann sollte ich mein erkältetes Kind nicht mehr in die Schule/KiTa schicken?
Möglicherweise hat die jeweilige KiTa/Schule Regeln aufgestellt, die das Betreuen erkrankter Kinder in der Einrichtung betreffen. Ansonsten müssen die Eltern gerade bei „banalen“ Infekten Ihrer Erfahrung vertrauen. Wenn die kleine „Rotznase“ fit und munter wirkt und fieberfrei ist sollte der Besuch von KiTa/Schule möglich sein. Sind die Erkältungsprobleme intensiver, insbesondere auch mit Abgeschlagenheit und Schwäche verbunden, ist toben und tollen eher tabu. Dann hilft dem Kind die Ruhe und Geborgenheit im häuslichen Umfeld möglicherweise mehr. Wird die Erkältung durch den Kinderarzt abgeklärt, bitte dort fragen, ob der Besuch der Einrichtung möglich ist oder nicht.
4. Bei welchen Symptomen ist der Arztbesuch zwingend notwendig bzw. wann sollte ich mit meinem Kind auf jeden Fall zum Arzt?
Im Zweifel, gesundheitliche Probleme Ihres Kindes immer vom Arzt abklären lassen. Grundsatz: je jünger das Kind, je eher zum Arzt. Insbesondere beim Auftreten akuter Probleme wie plötzliches hohes Fieber (über 38,5 °C), anfallsartiger Husten, Atemnot, starke Schluckbeschwerden, heftige Kopfschmerzen u.ä. sollten Sie schnellstmöglich zum Arzt. Auch wenn sich eine Erkältung nach 3 bis 5 Tagen überhaupt nicht bessert oder Ihr Kind sehr häufig Infekte hat (mehr als 8 bis 12 im Jahr) sollte die Ursache durch den Arzt abgeklärt werden.
5. Wie stärke ich zuverlässig das Immunsystem meines Kindes, damit es gar nicht erst krank wird?
Es klingt paradox, aber gerade frühkindliche Infekte tragen zu einem später gut funktionierenden Immunsystem bei. Dies ist darin begründet, dass unser Abwehrsystem nicht „automatisch“ vorhanden ist, sondern sich erst durch Kontakt mit Erregern wie Viren, Bakterien und Pilzen aktiv entwickelt. Dies passiert etwa ab dem dritten Lebensmonat eines Säuglings, ein Leben lang. Eltern können dabei die Ausbildung des kindlichen Immunsystems durch einfache Maßnahmen aktiv unterstützen: Gesund essen, Bewegung und frische Luft, ausreichend Schlaf sind Grundvoraussetzungen für die Ausbildung eines effektiven Immunsystems. Übrigens spielt auch das Klima im Schlafzimmer eine wichtige Rolle für ein starkes Immunsystem: Gerade im Winterhalbjahr trocknet Heizungsluft die Schleimhäute aus und macht sie so anfälliger. Die Luftfeuchtigkeit sollte bei 40 bis 60 Prozent liegen. Nachhelfen kann man mit Luftbefeuchtern, ersatzweise auch mit feuchten Handtüchern.
Stand: Ausgabe Oktober/November 2012