Der Nachwuchs entdeckt die Welt und probiert alles aus. Brenzlige Situationen können dabei nicht ausgeschlossen werden. Wie kann ich meinem Kind in einem Notfall helfen?
Ein Kind verschluckt ein Apfelstück und droht zu ersticken, stürzt vom Wickeltisch oder bekommt mitten in der Nacht keine Luft. In solchen Situationen ist es von Vorteil schnell reagieren zu können und erforderliche Handgriffe zu kennen.
Typische Notfälle und wie ich auf sie reagiere
Im Ernstfall gilt als Erstes: Ruhe bewahren
So lässt sich die Situation ausreichend erfassen, zudem überträgt sich die Ruhe auch auf das Kind. Danach zügig Hilfe holen und immer die passende Telefonnummer bereithalten: 112 für den Notruf und bei Vergiftungen den Giftnotruf 0361/730730.
Bis der Rettungswagen eintrifft, kann man selbst viel tun, um Verletzungen zu behandeln.
Fieberkrämpfe
Durch schnell ansteigendes Fieber kann eine zu schnelle Überhitzung des Gehirns stattfinden, was zu Fieberkrämpfen führt. Das Kind verliert dabei die Kontrolle über seinen Körper und fängt stark an zu zittern.
Was ist zu tun? Das Kind muss auskrampfen. Es hilft dabei, einen kühlen Lappen auf die Stirn zu legen. Wird das Kind bewusstlos auf jeden Fall einen Notarzt rufen.
Verbrennungen / Verbrühungen
Schnell sind die Finger an der Herdplatte verbrannt oder heißer Tee auf der Haut verschüttet.
Was ist zu tun? Wunden sollte man mit kaltem Wasser, 15 bis 20 Grad, mindestens zehn Minuten kühlen und danach mit keimfreiem Material, z. B. aus einem Erste-Hilfe-Kasten, locker abdecken. Alternativ kann man auch einen Kühlakku, umwickelt mit Stoff, verwenden. Sonst überhitzen die Lymphgefäße unter der Haut, schwellen an und bilden Bläschen.
Absolut tabu sind Salben, Puder, Öle, Alkohol und alle möglichen Hausmittel. Um einem Schock vorzubeugen, sollte man das Kind warm halten und gegebenenfalls in die Schocklage bringen, bei der die Beine höher gelagert werden.
Gehirnerschütterung
Plötzliches Erbrechen, Schläfrigkeit, Sehprobleme und Schwindelgefühle können darauf hindeuten, dass der Sturz auf den Kopf zu einer Gehirnerschütterung geführt hat.
Was ist zu tun? Auf jeden Fall sofort dem Arzt vorstellig werden.
Atemnot durch verschluckte Kleinteile
Das Verschlucken von Kleinteilen kommt zwar nur sehr selten vor, ist aber immer ein wichtiges Thema, dass bei Eltern sehr präsent ist.
Was ist zu tun? Kann das Kind tatsächlich keine Luft mehr holen, hilft es, den Sprössling in kopfüber Position zu nehmen und kräftig auf die obere Schulterpartie zu hauen. Eine weitere Variante nennt sich Heimlich-Manöver. Hierbei soll durch künstliche Druckausübung auf den Thorax der Fremdkörper aus den Atemwegen herausgeschleudert werden. Diese Variante ist allerdings umstritten. Sie kann bei kleinen Kindern auch schnell zu schwereren Verletzungen führen.
Stromunfälle
Solche Unfälle können zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen, die noch 24 Stunden nach dem Unfall auftreten können. Der Körper eines Kindes ist da auch viel empfindlicher als der eines Erwachsenen.
Was ist zu tun? Einen Stromschlag bei Kindern nicht auf die leichte Schulter nehmen. Auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen, der mit Pulsmessung oder EKG den Herzschlag überprüft. Meist bleibt das Kind noch 48 Stunden zur Beobachtung in der Klinik.
Vergiftungen
Symptome können Übelkeit, Erbrechen, Bauch- und Kopfschmerzen oder Bewusstseinseintrübungen sein.
Was ist zu tun? Bei Vergiftungen sofort den Giftnotruf anrufen. Für die Ärzte sollten Verpackungen, Reste der eingenommenen Substanz oder auch Erbrochenes aufgehoben werden. Wenn noch nicht klar ist, welche Substanz das Kind eingenommen hat, müssen Eltern auf Symptome achten und diese dem Notarzt mitteilen. Keinesfalls sollten aber Kinder zum Erbrechen gebracht werden. Ätzende Stoffe könnten so unter anderem die Speiseröhre schädigen.
Blutungen
Bei Blutungen, bei denen das Kind größere Mengen Blut verliert, legt das Kind erst einmal in die Waagerechte, das dient gleichzeitig der Schockvorbeugung. Die verletzte Stelle sollte hochgelagert werden, um die Blutung zu stoppen. Die Wunde muss dabei höher liegen als das Herz. Mit einem Druckverband wird die Verletzung schließlich versorgt. Bei starken Blutungen dennoch der Notarzt rufen!
Vorbeugende Maßnahmen
Damit Unfälle gar nicht erst passieren, gilt es, Gefahrenquellen als solche zu erkennen. Steckdose, Kabel, Putzmittel, Kochplatte – alles weckt die kindliche Neugier.
Vor allem in der Küche gibt es für Kinder viele interessante Dinge zu entdecken. Insbesondere Kleinkinder greifen von unten danach und können sich so verbrennen oder verbrühen. Herdschutzgitter und Backofenfensterschutz können helfen.
Elektrische Küchengeräte wie Wasserkocher oder Kaffeemaschine sollten für den Nachwuchs ebenfalls außer Reichweite sein, das gilt ebenso für die dazugehörigen Kabel. Auch Tischdecken sind tabu. In der Küche finden sich meist auch Geschirrspülmittel, Waschpulver, Putzmittel oder Medikamente. Alles Dinge, die vom Kind getrunken oder gegessen werden könnten und damit außer Reichweite oder in Schränken mit Kindersicherung am besten aufgehoben sind.
Es empfiehlt sich, Verbandsmaterialen, wie man sie z. B. aus dem Auto-Verbandkasten kennt, zu Hause vorrätig zu haben. Aber auch gängige Medikamente gegen Fieber, Durchfall usw. sollten in keinem Familienhaushalt fehlen.
Tipp: Um bestens auf das Unvorhersehbare vorbereitet zu sein, lohnt es sich einen Kindernotfallkurs zu belegen. Denn Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, deshalb reicht ein eventuell schon belegter Erste-Hilfe-Kurs für Erwachsene nicht aus. Es gibt bei den Sprösslingen beispielsweise andere Algorithmen bei der Wiederbelebung, der Körper ist viel zerbrechlicher als der eines Erwachsenen und die typischen Kinderkrankheiten spielen ebenfalls eine Rolle.
Erfahrene Sanitäter und Ärzt erläutern in den Kursen deshalb wichtige Regeln und Sofortmaßnahmen von häufig auftretenden Notfallsituationen. Dazu zählen zum Beispiel Bewusstlosigkeit, Atemnot, Vergiftungen, Verletzungen und Stromunfälle. An einer Puppe wird anschaulich gezeigt, wie die Herz-Druck-Massage bei einem Kleinkind durchgeführt und wie es im Notfall beatmet wird. Die richtigen Griffe unter Anleitung zu üben, soll die Angst und Unsicherheit nehmen, im Notfall etwas falsch zu machen. Der Kurs vermittelt Sicherheit im Umgang mit kleineren Wehwehchen sowie auch ernst zu nehmenden Verletzungen. Zudem gibt es Hinweise zum Verhalten in lebensgefährlichen Situationen und Wissenswertes über typische Kinderkrankheiten.
Kinder-Erste-Hilfe-Kurse in der Übersicht
Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Magdeburg, Beimsstraße 91b, 1x monatlich samstags, 8-15.45 Uhr, Kosten: 45 Euro pro Person, Anmeldung unter Tel. 73570-83 oder www.johanniter.de
PRIMEROS Bildungszentrum Magdeburg, Franckestraße 1, 1x monatlich dienstags, 17-20.30 Uhr, Kosten: ab 40 Euro pro Person, www.primeros.de/erste-hilfe-am-kind/magdeburg
AOK Sachsen-Anhalt, online oder vor Ort, kostenlos, einmalig 3 Stunden (online 2 Stunden), auch für nicht bei der AOK Versicherte, Termine und Anmeldung unter: www.deine-gesundheitswelt.de/kindererstehilfe
Arbeiter-Samariter-Bund Magdeburg, Liebknechtsstraße 75-77, Notfälle bei Säuglingen und Kleinkindern (4 Unterrichtseinheiten), 30 Euro pro Person, Informationen zu Kursen unter Tel. 60744327 oder ausbildung@asb-magdeburg.de, ASB Magdeburg/Liebknechtsstraße 75-77
Malteser Hilfsdienst, Schönebecker Straße 67 a, Informationen zu Kursen unter Tel. 40410126 oder www.malteser-magdeburg.de
Fresh Up-Kurs bei der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Magdeburg, Beimsstraße 91b, alle 2 Wochen, 17-20 Uhr, Kosten: 30 Euro pro Person, Anmeldung unter Tel. 73570-83 und unter www.johanniter.de
Stand: Oktober 2022
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