Du bist, was du lernst
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Selbstbestimmtes Lernen
Unzufriedene Schüler, gestresste Lehrer und genervte Eltern - das Schulsystem sorgt immer wieder für Diskussionen. Doch was tun, damit Schüler mit Freude lernen?
In den ersten Lebensjahren lernen Kinder mit Begeisterung, fragen Eltern Löcher in den Bauch und sind als Weltentdecker unterwegs. Doch mit dem Eintritt in die Schulzeit wird Lernen für viele Kinder zur unliebsamen Aufgabe. Woran liegt das? „Leider verlernen Kinder in unserem Schulsystem das Lernen, weil Selbstbestimmung ersetzt wird durch Fremdbestimmung, weil das, was für den einen gut ist, auch dem anderen nicht schaden kann, weil immer noch alle alles lernen müssen.“, meint Kerstin Bette, Lehrerin an der Neuen Schule Magdeburg.
Die Wirklichen Potentiale der Kinder können so nicht ausgeschöpft werden und Kreativität kann sich nicht ausreichend entfalten. „Die wichtigste Quelle der Motivation steckt in einem selbst! Das, was ein Kind die ersten Lebensjahre so interessiert, ist nicht der Druck der Eltern oder die Erwartung einer Belohnung, sondern der Wille, eine selbst gestellte Aufgabe zu meistern.“, sagt Bette. In der Schule ist jedoch genau das nicht mehr möglich. Die Kinder haben keine Wahl und müssen sich darauf verlassen, dass das, was die Lehrer ihnen beibringen auch das ist, was sie für ihre Entwicklung brauchen. „Die natürliche Art des Lernens müsste auch in der Schule erhalten bleiben. Ich denke, das Problem der Schulmüdigkeit wäre so zu lösen. Die Reformversuche, die dazu vom Land kommen, sind für mich bisher halbherzig.“
Schule erzeugt gerade bei leistungsschwächeren Schülern häufig Stress. Die Schulaufgaben werden zur Belastungsprobe, die sich am Ende auch auf Lehrer und Eltern überträgt. „Dieser Druck stürzt nicht immer wie ein riesiges Monster auf alle ein, aber er beginnt schon mit
Vergleichen, wie einem fröhlichen und einem traurigen Smiley.“, sagt Kerstin Bette und fügt hinzu: „Eltern haben oft die große Sorge, dass ihr Kind im Unterricht nicht gut mitkommt und sich damit später seine Zukunft verbaut, dabei übernehmen sie die Verantwortung für die Bildung ihrer Kinder.“ Die Pädagogin rät, den Kindern die Eigenverantwortung für ihr Handeln nicht zu entziehen. Das schließe nicht aus, dass man dem Kind beim Lernen unterstützend zur Seite stehen kann. Statt Druck auszuüben sei es aber wichtig, die Kommunikation untereinander zu verbessern. Alles beginne mit dem Interesse für das Kind und seine Schulaufgaben, ohne dabei selbst ein bestimmtes Ziel im Auge zu haben. Viel wichtiger sei es, welches Ziel sich das Kind selbst setze und was es erreichen will. (kp)
Wichtige Schritte auf dem Weg zum Selbstbestimmten Lernen:
- Transparenz der Lerninhalte, Wahlmöglichkeiten schaffen
- Anerkennung für konkrete Leistungen (Bsp.: Nicht: „Du bist fleißig.“ Sondern: „ Du hast fünf Aufgaben in einer halben Stunde geschafft. Ich finde, da hast du sehr fleißig gearbeitet.“)
- Veränderungen erreichen wir nur, wenn wir das Loben, was schon gelingt.
- Selbstverantwortlichkeit durch Mitbestimmung fördern
- Je positiver die Beziehung zwischen Schüler und Lehrer/ Elternteil, desto besser wird gelernt.
Stand: Ausgabe Juni/Juli 2015