Foto: Anja Gebühr
Der Weihnachtsmann in seinem Element, inmitten der Kinder.
Schauspieler Ekkehard Schwarz hat jedes Jahr zur Weihnachtszeit seinen großen Auftritt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt als Weihnachtsmann. Conrad Engelhardt stellte ihm ein paar Fragen für euch.
Ekkehard, der Weihnachtsmann. Wie lange gibts den denn schon?
Oh, eine gefühlte Ewigkeit. Seit sieben Jahren in Magdeburg. Als Schauspieler sträubt man sich ja gegen solch eine Rolle, denn man will lieber schönes Theater machen. Der Weihnachtsmann gehört zum schönen Theater nicht dazu.
Aber nun bist du es ja doch.
Ganz einfach: Da war ein Jahr, da hatte ich im Dezember einfach null Aufträge. Genau zu dem Zeitpunkt kam das Angebot, mit Frank Hengstmann auf dem Weihnachtsmarkt in Haldensleben aufzutreten. Da haben wir viel Klamauk gemacht, haben gefochten, der eine mit der Rute, der andere mit dem Besen und so was. Kurz darauf kam dann die Anfrage aus Magdeburg. Mittlerweile bin ich in die Rolle hineingewachsen. Jetzt ist das eine feste Sache.
Wie verstehst Du Deine Rolle, schließlich bist du auch ein wenig moralische Institution?
Ich mache keinen Kitschweihnachtsmann, mache ihn sehr menschlich. Ich rede gern mit den Kleinen und den Großen die da kommen, höre mir auch mal Probleme an, mache kein DuDu. Wenn Kinder kommen und sagen, dass sie nicht das ganze Jahr lang lieb waren, dann frage ich zurück: War denn auch die Mutter immer lieb? Das ich da meine Freiräume habe, das war meine Bedingung.
Erstaunlich, die Leute sprechen auf dem Weihnachtsmarkt über ihre Probleme?
Mehr als man denken möchte. Sehr eindrucksvoll ist mir ein Junge in Erinnerung, so zehn, elf Jahre alt mit dem sprach ich darüber, was er mal werden will. Er sagte ganz ernsthaft und mit fester Stimme: „Ich will mich später um den Müll auf der Welt kümmern. Man braucht sich doch bloß umzuschauen, wir ersticken doch im Müll“. Da war ich baff. Als ich ihn fragte, ob Kapitän auf einem Schiff nicht eine berufliche Alternative wäre, sagte er noch entrüsteter: „Was soll ich denn auf dem Meer, ich muss mich doch hier um den Müll kümmern!“ Ja, so was erlebt man und ich sage, es ist schön, dass ich das erleben darf.
Du liest im Wechsel mit den Märchenomas auch Geschichten vor!
Oh, hoho, „Märchenomas“ die Bezeichnung hören die Damen gar nicht gern. Eine meiner Lieblingsgeschichten ist übrigens die von der Lokomotive. Am Anfang steht da die dicke Dampflok und schnauft, dann wird der Zug Stück für Stück immer schneller. Es wird ein Schnellzug. Wenn dann ein Kind voll Begeisterung ruft „Oh ja, da will ich auch mitfahren“, dann erlaube ich mir ein wenig die Wünsche zu leiten und sage: Wünsch Dir doch mal eine gemeinsame Dampfeisenbahnfahrt mit Deinen Eltern. Wir haben doch eine im Harz.
Hast Du auch noch ein paar Molltöne auf Lager?
Was mich persönlich immer wieder bedrückt, aber ich versuche das als Weihnachtsmann nicht zu zeigen, ist der vielfach fehlende Hintergrund der Weihnachtszeit. Von der christlichen Geschichte, von Maria und Joseph, weiß kaum ein kleiner Mensch etwas. Wenn ich mal nach dem Sinn von Weihnachten zu fragen wage, dann rufen mir die kleinen Gesellen Sätze zu wie: „Wejen die Jeschenke!“. Häufig können Kinder auch mit Musikinstrumenten nichts anfangen. Ich hole meine Mandoline heraus und frage, ob sie die kennen. Wenn ich Glück habe kommt dann „Eine Gitarre!“ Schade. Ein von vielen Menschen häufig benutztes, merkwürdiges Wort ist „Weihnachtsstress“! Was fällt Dir dazu ein? Ich mache mir den Begriff nicht zu eigen. Interessant finde ich es, wie dieser Druck nach den Feiertagen von den Menschen spürbar abfällt. Insofern finde ich es eine gute Entscheidung, den Magdeburger Weihnachtsmarkt bis zum 30. Dezember zu verlängern. Seither erleben die Händler einen ruhigeren Heiligabend, weil sie nicht kurz vorher alles abbauen müssen und die Menschen, die nach den Weihnachtsfeiertagen kommen sind wunderbar ent- spannt und es macht Spaß, Weihnachtsmann zu sein.
Wie entschleunigst Du denn selbst in der Weihnachtszeit?
Bei mir als freiberuflichem Schauspieler ist das nicht so einfach, denn gerade in der Weihnachstzeit sind viele Veranstaltungen. Aufbauen, abbauen, hin- und herfahren. Wenn dann noch Schnee liegt ... Ansonsten gilt: Familie und Natur! Am besten gemeinsam rein in die Natur, besonders wenn Schnee liegt. Das ist das Beste. Ich mag es, hoch zum Himmel zu gucken und die Wolken ziehen zu sehen. Das erinnert mich an die Kindheit. Man schaut die Wolken an, eben war da noch ein Pferdekopf und schwups – ist daraus ein Schaf oder ein Krokodil geworden.
Klingt, als siehst Du Zeit als das kostbarste Geschenk?
So kann man das sagen.
Wie gehst Du eigentlich mit den Wunschzetteln der Kinder um?
Viele fragen mich ja schon direkt nach dem Briefkasten. Da bin ich dann nur der Wegweiser (Der Briefkasten steht übrigens auf dem historischen Weihnachtsmarkt – die Red.). Wenn mir ein Kind seinen Wunschzettel aber persönlich gibt, dann ist das für mich eine wichtige, bedeutungsvolle Sache. Ich hebe sie auf und habe heute noch eine große Sammlung aus vergangenen Jahren.
Und was antwortest Du den Kindern?
Ich sage, dass ich mir ihre Wünsche in Ruhe ansehen werde, das mit meinen Wichteln bespreche. Schwierig wird’s, wenn sie mir mit solchen technischen Bezeichnungen kommen. Da stehen mir oft so kleine Jungs gegenüber und sprechen von wichtigen Konsolen-Level-Volume-Dingsdas. In solchen Momente gilt es – wie im richtigen Leben – auch als Weihnachtsmann ehrlich zu sein und nicht so zu tun, als wüsste ich Bescheid.
Erfüllst Du denn auch Wünsche. Einzelne, besondere?
Ein klares Ja. Der einzelne besondere Wunsch hat durchaus die Chance, von mir realisiert zu werden. Aber das hat dann nichts mehr mit dem Weihnachtsmarkt zu tun. Das sehe ich dann als persönliche Sache und muss natürlich zahlenmäßig eng begrenzt werden. Ein Mädchen hat sich beispielsweise mal gewünscht, dass ich im nächsten Jahr zur ihrer Geburtstagsfeier komme. Es war diese wunderbare Art wie sie gefragt hat. Ich konnte jedenfalls nicht nein sagen, auch wenn der Geburtstag Ende Mai war, eine Zeit in der der Weihnachtsmann eigentlich tief schläft.
Stand: Ausgabe Dezember 2011/Januar 2012