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Foto: Kristin Plumbohm
Andrea Wegner
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Elternliebe
"Man kann nicht zu viel Liebe geben. Kinder signalisieren, wenn es ihnen zu viel wird. Das wiederum muss unbedingt respektiert werden."
Andrea Wegner setzt sich für die Rechte der Kinder ein, denn sie ist Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Magdeburg und sprach mit uns über das Thema Erziehung, über den Wert von Kuscheln und der Bedeutung der Stimme für das Wohl des Kindes.
Lohnt es sich, sich bereits im Vorfeld einer Geburt Gedanken über die Erziehung des Kindes zu machen?
Ja. Für das Kind ist es wichtig, Mama und Papa als Einheit zu erleben, um das Gefühl von Orientierung und Sicherheit zu haben. Die eigenen Werte müssen deshalb klar sein. Was möchten wir für unser Kind? Welche Traditionen sind uns wichtig? Geht unser Kind in die KiTa und wenn ja, ab wann? Fragen über die Kindergesundheit, wie zum Beispiel das Thema Impfschutz, können ebenfalls im Vorfeld thematisiert werden. Suchen Sie sich rechtzeitig einen Arzt, dem sie vertrauen können. Es heißt nicht, dass diese Entscheidungen dann in Stein gemeißelt sind, aber zumindest wurde schon mal ein Standpunkt bezogen und sich mit den Themen auseinandergesetzt.
Trotz meiner durchdachten Erziehungspläne bringt mich mein Kind manchmal zur Weißglut. Was mache ich nur falsch?
Es gibt diesen klugen Spruch: Leben ist, was passiert, während man eifrig dabei ist, Pläne zu machen. Es ist normal, dass Kinder uns manchmal zur Weißglut bringen. Umgekehrt ist das vermutlich auch so. Und doch ist die Liebe zwischen Eltern und Kindern bedingungslos und immer das vorherrschende Gefühl, wenn es auch kurzzeitig mal verschüttet ist unter anderen Gefühlen. Falsch wäre es, darüber viel zu grübeln. Ich empfehle, mit den Kindern gemeinsam etwas zu machen, was auch den Eltern Freude bringt. Also die positiven Seiten des Kindes in den Vordergrund zu rücken. Eltern, die ihre eigenen Bedürfnisse nicht beachten, können leichter zur Weißglut gebracht werden, als andere. Sicherheit in der Erziehung kommt durch Selbstvertrauen und das wächst nicht wirklich durch die Planung von Erziehung sondern durch das adäquate situationsbedingte Tun.
Wo bekomme ich Hilfe, wenn ich mit der Erziehung meines Kindes überfordert bin?
Eine erste Entlastung kann schon das kostenfreie und anonyme Elterntelefon geben. Überforderung in der Erziehung spüren zeitweise so gut wie alle Eltern. Das ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel! Reden Sie mit Vertrauenspersonen. Wenn die nicht helfen können, können andere Eltern Empfehlungen geben. Elterncafés, Elternkurse, Erziehungsberatungsstellen oder ähnliches sind wichtige Anlaufpunkte. Bezugspersonen in der Baby- oder Krabbelgruppe sind ebenfalls eine gute erste Anlaufstelle oder eben auch Familienverbände, wie der Deutsche Kinderschutzbund.
Gibt es Erziehungstipps, die immer funktionieren?
Jede Familie ist individuell. Ein Erziehungsrezept gibt es nicht und kann es nicht geben. Aber was als Grundregel sicherlich immer gilt: Vorbild wirkt mehr als tausend Worte. Auch kleine Kinder realisieren es – wenn auch noch unbewusst – ob Eltern selbst beachten, was sie von den Kleinen fordern. Hilfreich ist es, sich immer erneut die Frage zu stellen, ob das, was man als Erziehende tut, die Entwicklung des Kindes fördert oder eben nicht.
Ich möchte abschließend noch etwas loswerden, was mich schon lange beschäftigt. Es gibt unter der Großelterngeneration, zu der ich auch gehöre, die weit verbreitete Meinung die Eltern verwöhnten ihre Kinder viel zu sehr. Bezogen auf Geschenke im Kinderzimmer halte ich das für diskussionswürdig. Bezogen auf Kuscheln, Streicheln und Schmusen bin ich total anderer Meinung. Man kann nicht zu viel Liebe geben. Kinder signalisieren, wenn es ihnen zu viel wird. Das wiederum muss unbedingt respektiert werden. Ansonsten ist es in Ordnung, zu kuscheln was das Zeug hält, Kinderlieder zu singen oder zu summen, mit dem Kind zu sprechen, Reime vorzulesen und die zeitlosen Fingerreime zu machen oder Märchen selbst vorzulesen. Der Klang der Stimme von Eltern steht für Geborgenheit, Sicherheit und Vertrauen und das macht Kinder stark.