Kinderwunsch
In Mitteleuropa hat heutzutage etwa jedes sechste Paar Mühe bei der Erfüllung des Kinderwunsches.
Zweifel, Ängste, Fragen – „Wieso kann ich kein Kind bekommen?“ Im Frühjahr 2011, nachdem Stefanie und Christian vergebens versucht hatten, mit Hilfe von Medikamenten ein Kind zu bekommen, lag sie nun auf dem OP-Tisch für eine Laparoskopie (Bauchspiegelung), zur Untersuchung der Eileiter. „Ich hatte große Angst und überlegte, ob es das wirklich alles Wert ist“, erzählt sie.
Knapp zwei Jahre zuvor, im Herbst, setzte sie die Pille ab. „Unser Wunschkind sollte ein Sommerkind werden“, verrät Stefanie. „Meine nächste Periode ist auch direkt ausgeblieben und ich dachte, es habe beim ersten Versuch geklappt, wie naiv!“, fügt Stefanie an. Doch die junge Frau leidet an einer Funktionsstörung der Eierstöcke (PCO). Christians Spermien waren in Ordnung. Stefanie fühlte sich schuldig. „Wir wollten nichts unversucht lassen.“ Die Ärzte des Kinderwunschzentrums rieten ihr zur sogenannten intrauterinen Insemination (IUI), bei der aufbereitete Samenzellen direkt in die Gebärmutterhöhle eingebracht werden. „Die Operation verlief gut. Davor musste ich mich einige Tage lang in den Bauch spritzen und wir hatten viele Termine im Kinderwunschzentrum, die mit langen Wartezeiten verbunden waren. Diese mussten auch mit unserer Arbeit passen, was nicht immer einfach war.“ Schließlich im Herbst 2011 war es soweit. Es musste schnell gehen, da die Follikel bereits sehr weit entwickelt waren: Christian gab sein Sperma ab, das ihr so nah wie möglich an die Follikel gespritzt wurde. „Diese Prozedur war so überstürzt, es war schmerzhaft und ich unzufrieden.“ Fortan musste Stefanie Hormone nehmen und wieder hieß es „Warten“. Die Nerven waren angespannt, das Budget langsam erschöpft. „Dieser Einsatz kostete uns etwa 900 Euro.“ Paare, die nicht verheiratet sind, müssen die gesamten Kosten selber tragen. Dieser Versuch hatte nicht geklappt. Eine weitere IUI ließ das Paar im darauffolgenden Jahr über sich ergehen – wieder erfolglos: „Die Ärztin hatte wenig Hoffnung, unsere positive Einstellung war mehr und mehr getrübt.“ Schließlich kam den beiden eine Adoption in den Sinn. Doch dafür müsste man verheiratet sein.
„Uns half es, dass wir mit Familien und Freunden über meine Unfruchtbarkeit gesprochen haben. Sie sicherten uns stets Unterstützung zu und akzeptieren sofort, dass wir ein Kind adoptieren würden“, erzählt sie. Doch aller guten Dinge waren drei – und der letzte IUI-Versuch folgte im Frühjahr 2013. Der Optimismus war zurück und beim gemeinsamen Abendessen erklärte Stefanie ihrem Christian: „Wenn es nicht klappt, brauche ich ein positives Erlebnis, um weitermachen zu können – lass uns heiraten!“ Drei Wochen später stand sie im cremefarbenen Kleid vor dem Traualtar. Diese starke, schöne Frau an seiner Seite. Einen Tag lang schienen die erfolglosen Versuche vergessen, denn sie war glücklich.
Im Herbst ließen Christian und Stefanie sich schließlich auf eine In-vitro-Fertilisation (IVF) im Kinderwunschzentrum ein, bei der die Befruchtung "künstlich" im Labor stattfindet. „Die Betreuung war so herzlich, wir hatten alles gut überstanden“, verrät die junge Frau und berichtet weiter:„Nach etwa zwei Wochen erhielten wir den zuversichtlichen Anruf. Ich bin schwanger!“ Die nächste Untersuchung brachte Gewissheit: Zwei Eizellen hatten sich eingenistet. „Wir hatten uns gefreut“, Stefanie spricht mit belegter Stimme. Während der Arbeit bekam sie jedoch Blutungen. Die junge Frau war in der siebten Schwangerschaftswoche – niemand wusste davon. In Panik rief sie im Kinderwunschzentrum an. Sie solle sich sofort auf den Weg dorthin machen. Unter Tränen klärte Stefanie ihre Kollegen auf und ließ alles stehen und liegen. Die traurige Nachricht erhielt das Paar gemeinsam in der Klinik: eines der beiden Embryos hatte keinen Herzschlag und wird sich nicht weiterentwickeln. „Was das für den anderen bedeutet, konnte uns die Ärztin nicht hundertprozentig sagen“, Stefanie schaut vom Boden auf: „Wir hatten große Angst!“ Zwei Wochen lang musste sie liegen. „Meine Gedanken waren nur bei dem kleinen Etwas. Werde ich weiter schwanger sein?“ Die Blutungen hatten aufgehört. Inzwischen erzählte sie ihrem Arbeitgeber, was passiert war und erhielt ein sofortiges Beschäftigungsverbot. „Erst als die 12. Woche vorbei war, habe ich mich langsam wirklich freuen können. In der 13. Woche hatte ich erneute Blutungen – doch die Untersuchungen brachten Entwarnung. „Ab diesem Zeitpunkt hatte ich eine wunderschöne Schwangerschaft. Unsere Tochter ist eine Woche nach dem errechneten Termin auf natürlichem Wege zur Welt gekommen. Es war Sommer und wir haben nur geweint, geweint vor Glück!“ (jk)